Neues Deutschland: Luther hilft bei der OB-Auswahl

Horst Dübner

Wittenberger haben erneut die Wahl zwischen drei Bekannten

Wittenberg lebt nicht von Martin Luther allein. Die Stadt hat auch einen eigenen Oberbürgermeister. Und dessen Amt steht mal wieder zur Wahl.

Ende März wird sich entscheiden, wer die Lutherstadt Wittenberg in die im August beginnende Lutherdekade führen wird. Im Jahr 2017 feiert die Stadt das 500-jährige Reformationsjubiläum. Erwartet wird ein spannender Dreikampf um die Rathausspitze. Denn seit 18 Jahren steht der Sozialdemokrat Eckhard Naumann an der Spitze der Elbestadt. Bei der letzten Wahl lieferte er sich einen packenden Kampf mit Horst Dübner von der PDS und Frank Scheurell von der CDU, den Naumann schließlich mit 242 Stimmen Vorsprung vor dem Christdemokraten in der Stichwahl knapp für sich entscheiden konnte.

Ein solcher Dreikampf mit den- selben Akteuren steht nunmehr der Lutherstadt wieder bevor. Thematisch setzen Dübner und Naumann ihre Schwerpunkte auf die Möglichkeiten der Stadtentwicklung – freilich im Zuge der Luther-Dekade. Der langjährige gestandene Kommunalpolitiker Horst Dübner von der LINKEN legt in diesem Zusammenhang Wert darauf, dass das Reformationsjubiläum 2017 und die Luther-Dekade zu einer Angelegenheit für alle Wittenberger werden. Die Linken wären töricht, wenn man bei einer solchen Jahrhundertchance danebenstehen würde.

Den von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Verkauf von Gesellschafteranteilen an Stadtwerken oder Wohnungsbaugesellschaften lehnt Dübner ab. Um die Kofinanzierung von Fördermitteln für die Sanierung von Innenstadtobjekten sicherzustellen, sollte vielmehr mit der Landesregierung über zinslose Kredite verhandelt werden. Amtsinhaber Eckhard Naumann setzt auf das historische Erbe der Stadt. So will er weitere nationale und internationale Institutionen in der Stadt ansiedeln. Sowohl die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Lutherische Weltbund (LWB) hätten Interesse an einer Ansiedlung signalisiert. Das zieht – laut Naumann – neue Besucher an und schafft Arbeitsplätze.

Schroffe Töne hat hingegen der CDU-Kandidat Frank Scheurell bereits zum Beginn des Wahlkampfes angeschlagen. Die Bilanz der letzten 18 Naumann-Jahre malt er in düsteren Bildern. Der Industriestandort Wittenberg dümple vor sich hin. Man müsse von »linker Sozialduselei« wegkommen. Zudem hat Scheurell Anleihen am Wahlkampf seines hessischen Parteifreundes Roland Koch genommen. Mit ihm als Oberbürgermeister werde es »keine ordnungspolitischen Freiräume« mehr geben. Der CDU-Mann spricht sich für die Abschaffung der vor einigen Jahren eingerichteten 20 Toleranzplätze in der Stadt aus. Dort können Jugendliche zusammenkommen, ohne gleich von Ordnungshütern ermahnt zu werden.

Sowohl Naumann wie auch Dübner kritisieren Scheurells Wahlkampfgetöse. Null-Toleranz-Politik löst nach Dübners Auffassung keine Probleme. Vielmehr wird hier mit markigen Sprüchen an der Realität vorbeigeredet. Und Naumann betont, dass er im Interesse der Stadtkultur auf Integration statt auf Ausgrenzung setzt.

Am 30. März entscheiden somit die Wittenberger Bürger letztlich darüber, mit welchem inhaltlichen Konzept die Stadt in die für ihre künftige Entwicklung so wichtige Luther-Dekade geht.