VI. Finanz- und Europapolitik

DIE LINKE. Sachsen-Anhalt sieht sich zu verantwortlicher und nachhaltiger Haushaltspolitik verpflichtet. Der absolute Schrumpfungskurs der jetzigen Landesregierung behindert in zentralen Bereichen die Landesentwicklung. Der Schuldenabbau darf nicht zulasten wichtiger Investitionen in die Zukunft und des Erhalts einer stabilen Daseinsvorsorge gehen. Eine Finanzpolitik, die Schuldentilgung als vorrangiges Ziel beschreibt und dabei dringend notwendige Landesaufgaben nicht erfüllt, lehnen wir ab. Denn auch unerledigte Aufgaben sind Schulden, die kommende Generationen belasten. 

Reform des Haushaltsrechts – demokratisch und geschlechtergerecht

DIE LINKE setzt sich für eine grundlegende Veränderung des Finanz- und Haushaltsrechts des Landes Sachsen-Anhalt ein. Wir wollen hin zu einer geschlechtergerechten, budget-orientierten Steuerung der Landesfinanzen durch das Parlament unter Einbeziehung gesellschaftlicher Akteure. Das derzeitige Verfahren weist dem Parlament zwar funktional das Budgetrecht zu, in der Praxis aber dominieren Regierung und Sachzwanglogik. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt will für die Umstellung auf ein budgetorientiertes, geschlechtergerechtes Verfahren der Haushaltsaufstellung einen Beratungsdienst beim Landtag installieren. 

Die Verteilung öffentlicher Mittel hat unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer, auf Mädchen und Jungen. Gender Budgeting bedeutet, dass die Ausgaben des Landes auf diese Unterschiede hin überprüft werden. Das Ziel der Aufstellung eines geschlechtersensiblen Landeshaushalts ist die gerechte Aufteilung von Ressourcen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Datenerhebung in der Statistik prinzipiell geschlechtersensibel erfolgt.

Gerechter Finanzausgleich zwischen Land und Kommunen

Städte, Gemeinden und Landkreise leiden seit vielen Jahren unter akuter Finanznot, welche die kommunale Selbstverwaltung in Frage stellt. Hier ist ein Umsteuern notwendig. Zum einen braucht es die vom Bund zu leistende Gemeindefinanzreform, die den Kommunen einen ihren Aufgaben entsprechenden Anteil an den Steuereinnahmen zuweist. Zum anderen ist der kommunale Finanzausgleich in Sachsen-Anhalt zu reformieren. Das bestehende System führt die Kommunen in die Alimentierungsfalle und macht sämtliche Bemühungen, ihre Haushalte zu konsolidieren, zunichte. Wir wollen den Finanzausgleich nach den Steuereinnahmen des Landes und der Kommunen bemessen und eine den Aufgaben folgende Verbundquote ermitteln. Zugleich muss sichergestellt werden, dass den Kommunen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten eine finanzielle Mindestausstattung zur Verfügung steht.

Die Verteilung der Mittel soll auf die Aufgaben und wirtschaftliche Leistungskraft der Kommunen zugeschnitten werden. In die Bedarfsermittlung sind die kommunalen Spitzenverbände einzubinden. Die Kommunalaufsicht soll künftig mit einer stärkeren Beratungsfunktion versehen und Partner der Kommunen werden. Für die kommunalen Altschulden einschließlich der Kassenkredite werden wir ein Hilfsprogramm des Landes initiieren.

Absicherung von Flüchtlingen und Asylsuchenden

DIE LINKE. Sachsen-Anhalt will die Kosten zur Realisierung des Aufnahmegesetzes aus dem Finanzausgleichgesetz (FAG) herausnehmen. Dort, wo Kommunen im direkten Auftrag des Landes oder Bundes Aufgaben erfüllen, gilt es, die entstehenden notwendigen Kosten zu ersetzen. Wir werden hierzu ein Leistungsgesetz formulieren und mit verbindlichen Mindeststandards verbinden, die in Sachsen-Anhalt bei der Unterbringung und Aufnahme von Flüchtlingen gelten müssen.

Kommunale Abgaben und Gebühren

Spätestens seit Ende der 1990er Jahre belasten hohe Anschlussbeiträge und steigende Gebühren für Abwasserbeseitigung und Wasserversorgung fast alle Landkreise. Auch die Sanierungs- und Liquiditätshilfen an in Not geratene Zweckverbände konnten diese Spirale nicht aufhalten. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt setzt sich für eine generelle Bestandsanalyse der Situation im Bereich Wasser, Abwasser und Müllverwertung ein. Auf deren Grundlage sind zu jedem einzelnen Verband konkrete Wirtschaftlichkeits- sowie Organisationsuntersuchungen zu erarbeiten, um die Zukunftsfähigkeit der Verbände und die Bezahlbarkeit der Gebühren für die Verbraucher sicherzustellen. Im Bereich des Straßenausbaus sind klare Kriterien zu erarbeiten, die die Anwendung von Straßenausbaurecht oder Erschließungsrecht für die Entscheidungsträger transparent gestalten. Für das Beitragsrecht gilt der Grundsatz der Abgabenordnung, die Rechnungslegung nach dem Feststellungsjahr der endgültigen Herstellung, spätestens bis zum Ablauf der darauf folgenden vier Jahre vorzunehmen. Die Entscheidung, ob eine Kommune noch einen Herstellungsbeitrag II für altangeschlossene Grundstückseigentümer erhebt, steht im Ermessen der jeweiligen Kommunalvertretung und ist nicht über eine Haushaltskonsolidierung durch die Kommunalaufsichten durchzusetzen.

Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen ab 2019 notwendig

Sachsen-Anhalt ist wie alle ostdeutschen Länder auf den Länderfinanzausgleich angewiesen. Der Solidarpakt II läuft 2019 aus. Wir werden uns bei den Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern für die Fortsetzung eines solidarischen Finanzausgleichs einsetzen. Nur so lässt sich am in der Verfassung verankerten Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, festhalten. Regionale Unterschiede und soziale Ungleichheiten sind dabei längst nicht mehr nur ein Ost-West-Problem. Die LINKE hat das Konzept für einen »Solidarpakt III für strukturschwache Regionen in West und Ost« erarbeitet. Finanziert werden soll er unter anderem mit Einnahmen aus einer bundesweiten Vermögenssteuer.

Banken und Beteiligungen

Zur Daseinsvorsorge zählen für DIE LINKE. Sachsen-Anhalt auch starke Sparkassen in den Regionen. Sie stellen die Grundversorgung mit Bankdienstleistungen sicher. Die Vergabe von Krediten an Klein- und Mittelunternehmen ist zudem ein festes Standbein der Regionalwirtschaft. In dieser Rolle wollen wir sie stärken und gleichzeitig verhindern, dass ihnen Regeln des europäischen Wettbewerbs zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Ort auferlegt werden.

Die Investitionsbank soll als Darlehens- und Förderinstrument des Landes weiterentwickelt werden. Durch sie sollen vor allem die Förderprogramme begleitet werden, die zeitlich befristet sind. Die Auslagerung von originären Landesaufgaben lehnen wir ab. Auch künftig gilt es, für Innovationen und Unternehmen der Forschungs- und Entwicklungsbranche Risikokapital bereitzustellen und die Unternehmensgründungen, die aufgrund der hohen Besicherungsforderungen der Banken keine Chance haben, in Sachsen-Anhalt anzusiedeln. Hierbei ist öffentliche Kontrolle sicherzustellen.

Sachsen-Anhalt-Fonds

DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird auch bei der Vermögensverwaltung des Landes umsteuern. Wir werden zum einen den Ausverkauf des Landesvermögens – insbesondere des Grundvermögens – stoppen, zum anderen sollen langfristige Rücklagen des Landes, zum Beispiel Pensionsfonds im Land, finanzpolitisch wirken. Hierzu soll dieses Landesvermögen in einem Sachsen-Anhalt-Fonds zusammengefasst und vorrangig im Land angelegt werden, um hier seine Wirkung zu entfalten.

Europa sozial gestalten

Bürgerinnen und Bürger haben oft das Gefühl, dass Entscheidungen der Europäischen Union (EU) fernab von ihrer Lebenswelt getroffen werden. Sie haben aber mittelbar und unmittelbar Auswirkungen auf das Land und die Kommunen. Die zentralisierende europäische Integration wirft die Frage nach der Neu- und Umverteilung von Zuständigkeiten und Mitbestimmung zwischen EU-Ebene, Nationalstaaten und Regionen/Kommunen sowie nach den sozialen und demokratischen Werten auf. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt setzt sich dafür ein, dass dieser Prozess unter Beteiligung aller Ebenen gestaltet wird.

Das Land muss seine Beteiligungsmöglichkeiten bei regionalpolitisch relevanten Vorschlägen und Entscheidungen der Europäischen Union aber auch nutzen und bereits in einem frühen Stadium an EU-Gesetzgebungsvorhaben mitwirken. Die auf Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Förderpolitik der EU lässt den sozialen Ausgleich außer Acht, was sich auch in Sachsen-Anhalt widerspiegelt. Große Infrastrukturprojekte und Unternehmen erhalten den Hauptteil der Fördergelder, soziale und ökologische Maßnahmen sind nachrangig. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt setzt sich dafür ein, durch Nachverhandlungen zu erreichen, die Mittel aus dem Strukturfonds breiter in der allgemeinen Umwelt- und Sozialpolitik zum Einsatz bringen zu können. Wir wollen weiterhin, dass Entscheidungen über Projekte und Mitteleinsatz auf dezentrale Träger und lokale Akteure verlagert werden.

Der fehlende solidarische Gedanke der EU-Politik zeigt sich gegenwärtig besonders in der Migrationspolitik. An den Grenzen Europas sterben massenhaft Flüchtlinge als Folge der europäischen Abschottungspolitik. DIE LINKE. Sachsen-Anhalt wird sich  mit einer Bundesratsinitiative dafür einsetzen, die inhumane Dublin-Verordnung zu überwinden, mit der Regelungen zur Bestimmung des Mitgliedstaates festgelegt werden, der für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist.

Fairplay und Zusammenhalt fehlen in der EU auch im Umgang mit Armut und Verschuldung in Griechenland und anderen Staaten, die  vom europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt besonders betroffen sind. Globale Freihandelsabkommen sind vorrangig an unternehmerischen Interessen ausgerichtet. DIE LINKE hat die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, TISA, CETA und EPA von Beginn an abgelehnt. Die Art der Geheimverhandlungen ist eine direkte Bedrohung der Demokratie, hier versuchen Konzerne, Vorhaben durchzusetzen, die für sie im offenen politischen Prozess nicht umsetzbar sind. Wir werden weiterhin konsequent diesen Abkommen entgegentreten. Eine Liberalisierung und Privatisierung der kommunalen Daseinsvorsorge lehnen wir grundsätzlich ab. 

DIE LINKE war maßgeblich daran beteiligt, dass das soziale Europa 2014 zum allerersten Mal auf die Agenda der Europaministerkonferenz rückte und die Forderung  formuliert wurde, bei der Gestaltung der EU-Politik soziale Aspekte zu berücksichtigen. Daran halten wir fest. Wir fordern weitere Schritte wie die Einführung eines europaweiten, landesspezifischen Mindestlohns und der »Millionärssteuer«. Für uns soll die EU eine Sozialunion werden, mit Vorrang vor einer Wirtschafts- und Handelsunion.

 

Das Landtagswahlprogramm 2016 wurde von der 3. Tagung des 5. Landesparteitages der Partei DIE LINKE. Sachsen-Anhalt am 10. Oktober 2015 in Staßfurt beschlossen.

Präambel

I. Gleichwertige Lebensverhältnisse und Daseinsvorsorge sichern 

II. Soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt 

III. Wirtschaft, gute Arbeit, Nachhaltigkeit

IV. Kultur, Bildung, Wissensgesellschaft

V. Demokratie leben

VI. Finanz- und Europapolitik